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_Oben auf Momente

_Oben auf Momente

Die Weinkrake hat uns in Berlin besucht. Hier gehts zum Interview und zur Weinkritik:

Artikel über Karl Schaefer von der Weinkrake


Gault Millau 2017

Es gab eine Zeit, da war das Weingut Schaefer ein absolutes Muss, wenn es um Pfälzer Wein ging. Dann der Abbruch, der Holzfasskeller aus dem 16. Jahrhundert wurde nicht mehr gepflegt. Unter der Ägide der Familie von Nell entwickelte sich dann eine Renaissance, zunächst langsam, zart – und zuletzt bricht sich die alte Qualität ihre Bahn. Gute Lagen und vor allem ein pfiffiges Konzept stecken dahinter: auf den Punkt absolut klare Rieslinge. Im alten Kellergemäuer modernste Technik bis hin zu LEDs und Tanksteuerung über WLAN. Kellermeister Gabriel Huber stellt die einzelnen Wein überaus passend ein. Der Literriesling ist nicht anbiedernd. sondernknalltrocken.  Das Mittelsegment etwa mit dem Quetschenbaum saftig, die Großen Gewächse viel besser als noch vor wenigen Jahren. Da steckt Zukunft drin.  


Pressetext Captain Cork

„Ist trocken wirklich TROCKEN? Maat Thomas Golenia macht Klarschiff bei der Begriffsverwirrung über dieses Wort. Und trinkt dazu einen beispielhaften Riesling aus der Pfalz, der wirklich trocken ist.

Mit trockenem Weißwein ist das in Deutschland so eine Sache. Da ist die deutsche Zunge schlichtweg paradox.

Denn Weißwein muss beim Kunden trocken sein, darf aber bloß nicht trocken schmecken.

Es ist verrückt, entspricht aber der Erfahrung, die ich seit Jahren im Weinverkauf mache. Ein fiktives, aber typisches Verkaufsgespräch, wie ich es häufig geführt habe, zeigt was ich meine.

Der Kunde betritt das Geschäft. Er verlangt Weißwein, nicht zu teuer. Sagen wir maximal sieben Euro die Flasche. Gemessen am Durchschnittspreis aller verkauften Weinflaschen sind 7 Euro schon eine ordentliche Ansage im Schnäppchendeutschland. Aber egal. Die Preisgrenze ist gesetzt, ich als Verkäufer muss jetzt handeln. Meist schiebt der Kunde „soll trocken sein“ hinterher, oder ich frage nach, welche Geschmacksrichtung er bevorzugt. Meiner Einschätzung nach beantworten auch hier 98,3 % aller Kunden diese Frage mit „trocken“.

Wer „trocken“ sagt, meint gar nicht trocken.

Jetzt kommt das deutsche Geschmacksparadoxon ins Spiel. Vielen Kunden schmeckt nämlich trockener Weißwein gar nicht richtig. Verlangt wird „trocken“ nur, weil viele es nicht anders kennen. Oft habe ich es erlebt, dass Kunden die Sonne auf den Geschmacksknospen aufging, wenn der Probierschluck im Glas halbtrocken war, ohne dies vorher anzukündigen.

Vielen schmeckt dezente Restsüße bei Weißwein mehr, als sie zu Anfang zugeben würden. Solche Weine offen und ehrlich im Laden verlangen machen aber die wenigsten. Halbtrocken? Süße? Nein danke. Man könnte sich ja vor den Gästen blamieren, auch wenn es einem persönlich doch gut schmeckt.

Also bitte nur Weißwein, bei dem „trocken“ auf dem Etikett steht. So hat man es gelernt, seit den 80er Jahren.

Halbtrocken, lieblich, edelsüß? Ochnee…

Wenn man im Weinladen hinter der Theke steht, ist diese besagte „Weißwein-muss-trocken-sein-Welle“ bis heute spürbar. Alles offiziell Halbtrockene, Liebliche und Edelsüße ist nur mit viel Überzeugungsarbeit verkäuflich. Für die Freaks ist Süße kein Problem, doch die Mehrheit bleibt skeptisch.

Dieses Geschmacksparadoxon wird heute geschickt von deutschen Winzern bedient. Um dem Konsumenten das ungeliebte Attribut „halbtrocken“ zu ersparen (wo er es doch eigentlich ganz gern mag), wurden Euphemismen erfunden, die jeden Hinweis auf Süße vernebeln sollen. „Feinherb“ zum Beispiel.

Das klingt hübsch, weltgewand, weich und positiv. Die Winzer dürfen weinrechtlich dieses komische „feinherb“ statt „halbtrocken“ auf das Etikett drucken, obwohl der Wein noch süßer sein könnte als unter dem Label „halbtrocken“. Was für eine verkehrte Welt!

Fruchtherb, feinfruchtig – alles Täuschung.

Auch Fantasiebezeichnungen wie „fruchtherb“ und „feinfruchtig“ habe ich zu meinem Erstaunen schon auf Messen erleben dürfen, abgedruckt in Preislisten, um den Verbraucher zu täuschen. Drauf angesprochen, windet und wendete sich der Winzer, nur um nicht zugeben zu müssen, dass all seine Weißweine weinrechtlich eben nicht „trocken“ sind, sondern dem ungeliebten „halbtrocken“ entsprechen. Wer das offen zugibt, verkauft den Wein schlechter, höre ich immer wieder. Nach fünf mal Nachbohren musste das auch der besagte Fantasienamen-Winzer zugeben. Denn wir wissen ja: Der deutsche Kunde will eigentlich „trocken“ auf dem Etikett lesen, aber viel lieber „halbtrocken“ im Glas haben.

Es gibt ein echtes TROCKEN.

Dabei gibt es nur noch wenige Weingüter in Deutschland, die bei ihrem Weißweinsortiment recht konsequent die Trockenfahne hochhalten. Und wenn ich trocken meine, dann meine ich klassisches knochentrocken. So einer ist Karl Schaefer, obwohl schon seit hundert Jahren tot, führt man seinen traditionsreichen Namen am Weingut seit Generationen fort. Man verpflichtet sich bei Schaefer an der Pfälzer Mittelhaardt dem echten und trockenen Stil.

Man besetzt damit eine Nische in Deutschland, denn es gibt wenige Winzer, die es wagen, ihre Weißweine völlig nackt ohne Süße stehen zu lassen. Das ist nämlich eine önologische Kunst. Oder andersherum: Es ist einfacher für den Winzer, einige Gramm Zucker mehr in den Weißwein zu klatschen, damit er deutlich voluminöser und üppiger schmeckt, ohne die analytische Grenze zu „halbtrocken“ zu überschreiten.

Leichtes Süßeln schmeckt halt.

Wie man weiß, kaschiert Süße Fehlerchen. Süße simuliert Frucht, wo möglicherweise keine ist. Und leichtes Süßeln schmeckt dem Mainstream. Ganz einfach. Und deswegen sind Weingüter wie Karl Schaefer mit ihren knochentrockenen Weinen eine Nische im süßelnden Weinland Deutschland.

Schaefers „Fossilium“ Ungsteiner Riesling ist ein gutes Beispiel für einen knochentrockenen Riesling. Ich nenne das Riesling ohne Schminke. Im Glas zeigt er seine dichte Nase, würzig (typisch Pfalz), gelbe junge Früchte. Alles so, wie man das von vielen guten Rieslingen her kennt.

Geschmacklich ist dieser Wein anders. Er zeigt sich säuregeprägt. Die Süße, die Säure normalerweise kaschiert, fehlt und macht den Wein zu einem echten „unplugged“ Erlebnis. Boden, Säure, Härte. Ein Wein, der um Aufmerksamkeit buhlt. Als unkompliziertes Leckerweinchen nebenbei weggeschlürft zu werden, liegt ihm nicht. Einarbeitungszeit zu diesem Stoff sollte man mitbringen.“


Mundus Vini – Frühjahrsverkostung 

Grand Gold für 2013er Dürkheimer Michelsberg GG Riesling trocken, und Gold für 2013er Wachenheimer Gerümpel Riesling trocken, 2013er Michelsberg GG Riesling trocken und 2013er Herrenberg GG Riesling trocken

„Die meisten mit Großes Gold vergebenen Medaillen gingen an deutsche Erzeuger, u.a. an Karl Schäfer (…). Mit 59 Medaillen lagen die Pfälzer Winzer vor den Kollegen aus Württemberg (35), Rheinhessen (23), Franken (22) und Mosel (4).“ 


Gutsriesling Cup: Karl Schaefer holt Gold

Hier geht es zum Artikel vom Schnutentunker


Presseartikel Captain Cork 

„Linkslotse Balcerowiak kennt sich mit Untiefen und problematischen Gezeiten aus. Deshalb macht er heute einen Sorgenjahr-Riesling aus der Pfalz auf. Und wird ganz großartig vom Können des Winzers überrascht.

 Wer auf diesem Schiff einen deutschen Weißwein aus dem Problemjahr 2010 auf den Tisch stellt, muss mit scheelen Blicken rechnen.Viel Regen sorgte nicht nur für niedrige Erträge, sondern auch für recht schwachbrüstige Weine mit teilweise abenteuerlichen Säurewerten.

Doch auch in solchen Jahrgängen gelingt es einigen Winzern, nicht nur passable, sondern mitunter sogar großartige Weine auf die Flasche zu bringen. Wie etwa das Weingut Karl Schaefer (schreibt sich bewusst ohne ä, wurde uns mitgeteilt), ein traditionsreicher Betrieb in Bad Dürkheim (Pfalz).

Achtung, Kalkriff!

Die Spitzenlage Michelsberg bildet das Frontstück des so genannten Dürkheimer Kalkriffs aus dem tertiären Pfälzer Urmeer. Die Südexposition sorgt für reichlich Sonne und Wärme und entsprechend hohe Reife. Entsprechend mächtig sind mitunter die Großen Gewächse. Das betrifft nicht nur den Alkoholgehalt sondern manifestiert sich auch in cremiger Fülle und hochkonzentrierter Frucht. Das alles gilt wohlgemerkt nur für normale Jahrgänge. Aber was ist schon normal?

Dezente Restsüße.

Ja, es geht. Im Mund wirkt er zunächst einmal herrlich frisch, was natürlich auch der ausgesprochen knackigen Säute geschuldet ist. Feiner Pfirsich spielt am Gaumen, auch ein wenig Ananas, doch der Michelsberg zeigt bereits leichte Reifenoten mit ein wenig Honig und Trockenobst. Die Restsüße bleibt dezent, das mineralische Gerüst hat in dem Jahrgang keinesfalls gelitten. Solche Weine machen die Weinwelt jedenfalls spannend.

Trinken gegen Globalisierung.

Wer einen üblichen Michelsberg erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Er muss bereit sein, sich darauf einzulassen, dass Klima und Vegetationsverlauf einen Wein entscheidend prägen. Doch das ist eines der Fundamente der Weinkultur, obwohl die Geschmacksglobalisierer – auch in Deutschland – mit allen Tricks versuchen, die Jahrgangstypizität zu verwischen, um möglichst einheitliche Weine mit hohem Wiedererkennungswert zu kreieren. Und gegen diesen Trend steht dieser Wein.


Presseartikel Captain Cork 

„Spaziermaat Golenia hat eine neue Serie mit an Bord gebracht. Er berichtet über pfurztrockene Weißweine. Zwar ist jetzt Rotweinzeit aber keiner konnte Golenia von seiner antizyklischen Schreibe abhalten. Weil der Wein ein guter ist.

Worum geht es hier?  Mir geht es um trockene Weine. Um deutsche trockene Weine. Um sehr trockene deutsche Weine, die es leider Gottes viel zu selten gibt. Unter dem Deckmäntelchen „trocken“ versteckt sich heute vieles, was gar nicht trocken schmeckt. Mir ist das alles zu süßelnd.

Ich bin eine Mimose, was Süße im Wein angeht. Ohnehin konsumiere ich nichts süßes. Keine Schokoladen, Marmeladen, Kuchen. Süße Desserts kriege ich runter, habe aber kein Verlangen danach. Mir fehlt einfach der süße Zahn.

Gegen den Kleinkindreflex

Süße, das ist für mich der unterschwellige Kleinkindreflex. Das Verlangen danach, wieder der kleine Junge zu sein, der staunend vor dem Süßigkeitenregal steht und sich die Papiertüte mit Haribos vollstopft. Zurück in Mamas Schoß. Süße bedeutet Geborgenheit. Wärme. Muttermilch. Mamas Titten. Kindheit. Liebe. Süßwein.

Nie vergessen werde ich eine Verkostung. Ist schon Jahre her. Dummerweise wurde dort nur Restsüßes angeboten – alles ab Spätlese aufwärts. Das wusste ich vorher nicht, ich gehe immer reflexhaft zu diesen VDP-Verkostungen, ohne dessen Programme vorher zu lesen. Bei dieser speziellen Verkostung war ich offensichtlich falsch: Es gab nicht einen trockenen Weißwein!

Mein Gaumen war von der ganzen Süße wie vernebelt. Nach dem fünfzehnten Probegläschen konnte ich kaum noch etwas schmecken.

Alles wurde zähflüssig. Die Zunge war wie abgekoppelt. Ich war einfach satt. Und voll von Zucker. Es machte mir keinen Spaß mehr. Allerdings blieb ich dort Einzelgänger.

Vor Ort waren so manche bekannte Rieslingnasen. Einkäufer, Szeneblogger und selbst ernannte Platzhirsche. Ein Gläschen hiervon, ein Gläschen davon. Ich sah in glückliche Gesichter. Es waren Augen, die leuchteten und funkelten vor Freude. Wie wenn sich Ferkel im Schmutz suhlen. „Endlich dürfen wir wieder richtig süß trinken, ohne uns zu schämen!“, schien dort die Mehrheit in die Welt schreien zu wollen.

Ich bin regelmäßig auf irgendwelchen Verkostungen, aber eine merkwürdigere Stimmung habe ich anderswo noch nicht erleben dürfen. Ich sah ein, dass ich auf diesen süßen Verkostungen genauso fehl am Platze bin wie auf den Schickimicki-Modenschauen, wohin Schnöselmaat Küblbeck geht.

Aber ich schweife wieder ab. Es sollte ja um knochentrockene Weine aus Deutschland gehen. Wie die von Karl Schaefer aus Bad Dürkheim. Blöd nur, dass Schaefers Weine an Bord schon oft genug besprochen wurden. Einige Male vom Captain und auch Maat Eschenauer hatte sich bequemt, Jubelzeilen auf Schaefers Riesling zu Papier zu bringen. Was mich nicht daran hindern sollte, mich dort einzureihen, um den Weinen aus Bad Dürkheim zu huldigen. Weil es gerade zum Thema passt.

Alter Trockenklassiker

Das Weingut Karl Schaefer ist der alte Trockenklassiker aus Deutschland. Seit 1843 ist man im Geschäft. Hier ist der Leitspruch „trocken aus Tradition“ eine deutliche Maßgabe. Steinalte Holzfässer und kellereigene Hefestämme sorgen dafür, dass die Moderne draußen vor der Tür bleibt. Sie ist nicht erwünscht und wird erfolgreich in der sechsten Generation vergrault. Wer hier seinen Beruf lernt, weiß wie man das macht.

In meiner Landbude vor dem Kamin habe ich den Riesling„Wachenheimer Gerümpel“ Karl Schaefer im Glas.

Sandstein und gegen die Moderne

Im Laufe des langen Abends habe ich zu Papier gebracht: helles, schwach wässriges Gelb, bissiger und sehr zurückhaltender zitrusartiger Duft, dazu junger Granny-Smith-Apfel, leichte pflanzliche Noten, im Mund lebhaftes Säurespiel, zackiger Biss, klares Gebirgsschmelzwasser.

Dieser Riesling zeigt schonungslos seine lebendige Säure in Kombination mit Knochentrockenheit – eine derbe und offenbarende Mischung. Ich schmecke auch Zitronat, weit hinten dann von Säure und Kargheit getragener mittellanger Abgang. Hier gibt es nichts, was diesem Süß-Säure-Spiel-Gefasel auch nur ansatzweise Berechtigung verschaffen würde. Mitten in die Fresse rein. Knochentrocken. Was für ein Stil.“


 

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