Presseartikel: Captain Cork 1
Captain Cork schreibt:
„Maat Ortner beklagte gestern den Verlust des restsüßen deutschen Rieslings. Maat Eschenauer hingegen sucht heute den klassisch trockenen deutschen Wein. Und wird fündig. In der Pfalz.
Trocken. Wer in Deutschland „trocken“ trinken will, hat es mitunter schwer. Trocken darf für einen guten Wein kein Urteil, kein Kriterium sein. Aber manchmal braucht man eben genau das: Einen Wein zum Essen, der keinen Restzucker hat. Zu Fisch oder Krustentieren beispielsweise. Da muss es trocken sein. Deftige Wurstwaren, frisch Geschlachtetes, Saure Zipfel verlangen Weine, die die Völlerei für die Physis erträglich machen.
Und da versagt ein Großteil der deutschen Weißweine. Noch nicht mal auf Franken ist da Verlass, denn „fränkisch trocken“ (Restzucker maximal 4 Gramm je Liter) ist Geschichte und wird allenfalls noch von einer Handvoll Betriebe gepflegt. Die neuen deutschen Rieslinge, die Großen Gewächse aller Couleur, haben eine stilistische Identität – den Restzucker. Das mag nötig sein, das mag schmecken aber es verwirrt. Allenthalben werden die großen Weißen Burgunder als Vorbilder heraufbeschworen. Aber solange die deutschen Weingüter ihre Crus konsequent auf 9 Gramm Zucker je Liter einstellen, wird ein großer Burgunder, wie etwa ein Meursault, als Sparringspartner nur ein feuchter Traum bleiben.
Doch einer sagt, er sei „trocken aus Tradition“. Das klingt zwar wenig sexy, aber es hilft als Orientierung. Der Slogan gehört dem VDP-Weingut Karl Schaefer aus der Pfalz. Bei Schaefers an der Mittelhaardt pflegt man seit Generationen den Stil eines durchgegorenen, markant säurefrischen Rieslings, der die Reife benötigt, um seine Stärken auszuspielen. Einzig ein Rieslingnamens „Schöne Anna“ ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt. Er ist zart restsüß und steht gegen einen vermuteten Dogmatismus. Schaefer sagt damit: „Seht her, das kann ich auch.“
Konsequent im Fasskeller
Das Weingut Schaefer ist eine typische Gründung des späten 19. Jahrhunderts. Damals erkannte man das Potential der Lagen um Bad Dürkheim und es wurde für die wohlhabenden bürgerlichen Familien der Region unternehmerisch sinnvoll in ein Weingut zu investieren. Zu einem der großen Klassiker der Region aufgestiegen, verlor das Schaefer’sche Gut zuletzt an Aufmerksamkeit. Und auch die jüngste Vergangenheit war eher von Unstetigkeit geprägt. Das wirkte sich leider auch auf die Qualität der dort erzeugten Weine aus. Der große und gepflegte Holzfasskeller ist das Herzstück des Betriebs und der Ausbau im Fass ein Credo der Familie. Keine leichte Aufgabe für eine Generation Kellermeister, die eher den Ausbau im modernen Edelstahl gelernt haben.
Unter Günther Deeters, der vor Jan Groß die Arbeit im Keller zu verantworten hatte, wurden einige bemerkenswerte und enorm langlebige Rieslinge erzeugt. Deeters Art passte gut zum Haus. Sein kompromissloser Stil, geprägt von Spontanvergärung und Ausbau im Holzfass, führte zu markanten, häufig etwas spröden Weinen, die sich nach einigen Jahren in wahre Schönheiten verwandelten. Ein Rieslingtyp, der schwer zu verstehen und schwer zu verkaufen ist. Einschneidende Veränderungen wurden nötig.
Die Weine: Zugänglicher. Aber immer noch kompromisslos
Mit dem Jahrgang 2009 wurde das Weingut umgekrempelt. Neue Mannschaft, neues, beispielhaftes Design, behutsam verschlanktes Sortiment. Und die neue Kollektion unter Kellermeister Jan Groß, der auch auf dem Gut gelernt hat, zeigt erneut kompromisslose Weine. Zwar gibt Zugeständnisse an das Komplikationslose, aber das Gekelterte wirkt in einer Welt der Pfirsichduft-Orgien immer noch irgendwie roh und erfreulich archaisch.
Aus dem Wachenheimer Fuchsmantel, einem der letzten großen Terrassenweinberge der Mittelhaardt, kommt der Riesling„Quetschenbaum“. Er ist der alte und klassische Typus des trockenen Kabinettweins. Auch wenn der Most sicher im Spät- und Auslesebereich lag. Die Nase hat nichts, aber auch gar nichts Parfümiertes. Kaum Primärfrucht, vielleicht einen Hauch frisch abgeriebene Zitrusschale. Dafür Kräuterwürze in allen Facetten. Und eine scharfe, entfernt aber an Vanille erinnernde Note.
Mit viel Luft entwickelt sich das Bukett, dann riecht man warmes Obst, ein Kompott, Reineclauden (Ringlotten), Mirabellen, also die herben unter den süßen Früchten. Am Gaumen bleibt der Quetschenbaum (trotz13,5 % Alkohol) eher schlank und ungeheuer saftig. Die straffe Säure und der minimale Restzucker lassen den Wein karger erscheinen, als er tatsächlich ist. Aber auf diesen Typ Riesling muss man sich ohnehin erst einlassen. Eintrinken, nicht schön trinken. Glas für Glas, dazwischen immer wieder eine Scheibe Schinken, Hausmacher Wurst oder ein Stück Käse. Trotz des eher schlanken, strengen Stils vereint der Quetschenbaum Saft, Spiel und komplexe Würze. Vor allem ist er ungeschminkt und von puristischer Klarheit. Er repräsentiert schlechthin das authentische, ländliche Produkt, das alle suchen. Und er ist trocken.“