Presseartikel: Captain Cork 2
Dieser Wein gilt ja schon lange Zeit als sicherer Bringer, als unkomplizierter Begleiter. Kein Lagenwein, wahrscheinlich auch ein klein wenig Traubenzukauf dabei, jede Menge Flaschen, oft in der Gastronomie zu finden. So what?
„Hat seinen Grund“, sagt der Captain, „zuerst mal war der 2009er Weißburgunder von Schäfer ein richtig schöner Wein. Und weil wir ihn nicht beachtet haben, war er auch schnell wieder ausgetrunken.“
„Ich erinnere mich“, sagt der Erste, wir haben den gern schon zu Mittag getrunken.“
„Was mitunter Quatsch war“, sagt der Captain, „denn der Wein kann mehr, als man ihm zutraut.“
Und warum haben wir 2010 nicht gekauft?
„Wenn ich diese Frage noch einmal beantworte“, sagt der Captain, „dann geht die ganze 2010er Rechtfertigungs-Diskussion wieder los. Und die erspar ich mir mal. Außerdem habe ich nie einen 2010er Weißburgunder von Schäfer zu Gesicht bekommen.“
Der Erste greift sich eine Flasche vom Schäfer, die von draußen kommend, eh schon kalt genug ist. „Du weißt“, sagt der Captain, „dass dieser Wein jetzt viel zu früh getrunken wird. Ich hab ihn mitgebracht, damit er mindestens noch vier Monate liegen bleibt. Wir sollten ihn dann öffnen, wenn es wieder Temperaturen um die zwanzig Grad hat.“ Selbstredend Plusgrade.
„Ja“, sagt der Erste, „aber ich bin neugierig.“ Kann man nichts gegen machen. Ein kurzer Dreh und die Flasche ist offen. Zwei Schwinger und der Wein ist im Glas. Der Captain seufzt. Nichts zum Essen an Bord. Außer ein bisschen Pumpernickel und französischer Hartkäse. Passt irgendwie nicht. Aber den kranken, röchelnden Maat Golenia jetzt zum Einkauf rausschicken – das will der Captain auch wieder nicht.
Also der erste Schluck. Und schon der ist eine Überraschung. Der Wein hat Druck. Trotz lediglich 11,5% Alkohol. „2011“, sagt der Captain, „das ist der Grund. Ich hab’s ja immer gesagt, wartet auf die 2011er Weine. Und beurteilt dann 2010 neu. Und auch 2009, das gegen 2011 etwas langweilig aussehen wird. Bei solch normalen Konsumentenweinen, wie diesen unkomplizierten Weißburgunder.“
Pfirsich, Apfel, Mineral
In der Nase gleich viel Pfirsich, dann eine deutliche würzig-delikate mineralische Note. Der Wein ist knochentrocken. Und zwar so richtig. Das ist bei Schäfer nicht ungewöhnlich, denn Schäfer hat sich schon vor Jahren auf den Ausbau knochentrockener Weine spezialisiert. Damals hat man noch den Kopf geschüttelt: Die trockenen Rieslinge von Schäfer, das Gerümpel, der Fuchsmantel und der Spielberg, wurden von vielen Händlern für unverkäuflich gehalten. Ein paar Jahre später ist Schäfers Stil der prägnante Stil zweier Regionen: Rheinhessen und Pfalz.
In der Nase dann noch etwas Apfelschale, Minze, auch ein bisschen der Geruch aus einem Auffangbehälter eines Bleistiftspitzer. Dann eine frisch mit Wasser bespritzte Kalkwand. Und auch eine Maschinenhalle bei Siemens – so seltsam das klingen mag. Also wenig fruchtige und mehr mineralische Noten.
Neutral mit Konzentration und Druck
Im Mund dann viel Druck, Pfirsich, Mango und Apfel konkurrieren mit dem Kalk. Lange im Abgang. Sehr neutral mit hoher Konzentration. Ideal zu Fisch und Geflügel.
„Also kein Terrassenwein?“, sagt der Erste.
„Nein“, sagt der Captain, „das schon allein nicht, weil ich dieses Wort hasse.“
Wumm, die letzte Kiste ist an Bord. Der Sommer kann kommen. Und nur so nebenbei erwähnt: Der Wein ist Bio-Zertifiziert. Das versteckt Schäfer ganz dezent auf der Rückseite. Aber er macht alles richtig.